Langweiliger hätte die Bundesliga der Frauen kaum enden können. Schon vor dem letzten Spieltag war Spannung ein Fremdwort, doch die langersehnte Konferenz zerstört früh alle Hoffnungen auf etwas Drama. Immerhin: Am Horizont gibt es Hoffnung für die kommende Saison.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Justin Kraft sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Am letzten Spieltag der Bundesliga hat sich genau das bewahrheitet, was viele seit Wochen befürchtet haben: Spannung gab es keine mehr.

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Nur zwischen dem VfL Wolfsburg und Eintracht Frankfurt ging es im Fernduell noch um den direkten Einzug in die Champions League – und hier war die Luft bereits nach 14 Minuten raus. Wolfsburg führte mit 3:0, gewann am Ende deutlich mit 3:1 gegen Leverkusen.

Frankfurts 2:0-Sieg in Leipzig war also nichts wert. Und so mussten sich die Fans damit begnügen, dass die folgenden 76 Minuten womöglich das eine oder andere Highlight liefern würden, es aber für die Tabelle keinerlei Bedeutung mehr haben würde.

Die Verlierer: Rechteinhaber und Liga

Was haben sich die Liga und die Rechteinhaber auf diesen letzten Spieltag gefreut? Von "einer einzigartigen Konferenz" war bei DAZN zu lesen. Die Realität war eine andere. Wer sich für die Konferenz entschied, sah immerhin 22 Tore. Aber einen echten Spannungsbogen gab es nicht mehr. Kein Abstiegskampf, kein Meisterrennen, kein großer Kampf um die Champions-League-Plätze.

Das Problem ist gewiss nicht die Konferenz an sich. Und doch muss das Resultat die Verantwortlichen beim DFB in Alarmbereitschaft setzen. Die Aufstockung in der kommenden Saison verspricht vielleicht etwas mehr Spannung, aber auch dann wird es ja nicht um mehr entscheidende Plätze gehen.

Die EM-Hoffnung: Lea Schüller schießt sich in Form

Vor dem Hintergrund der Bedeutungslosigkeit dieses letzten Spieltags geht der Blick in Fußball-Deutschland nach vorn: Im Sommer steht ein wichtiges Turnier in der Schweiz an. Das DFB-Team will sich dann wieder deutlich besser präsentieren als bei der vergangenen Weltmeisterschaft, als man in der Gruppenphase ausgeschieden war.

Eine Herausforderung für Nationaltrainer Christian Wück stellt die Neunerposition dar. Zwar hat er viele Spielerinnen zur Verfügung, die Qualität haben, doch keine konnte bisher so richtig in die großen Fußstapfen von Alexandra Popp treten. Am ehesten traute man diesen Schritt in der Vergangenheit Lea Schüller zu. Die Stürmerin des FC Bayern deutete ihr Potenzial immer an, schaffte den entscheidenden Schritt in Richtung Weltklasse aber nicht.

Sarah Zadrazil und die Kapitänin des FC Bayern München, Glódís Perla Viggóadóttir
Selfie mit Fans: Sarah Zadrazil und die Kapitänin des FC Bayern München, Glódís Perla Viggóadóttir (re.).

In 73 Spielen für Deutschland traf sie immerhin 49-mal. Bei großen Turnieren ist ihre Ausbeute eher mager. Was auch daran liegt, dass sie hinter Popp oft auf der Bank saß. Unvergessen war ihr fast schon tragischer Einsatz im EM-Finale 2022, als Popp kurzfristig ausfiel. Schüller erwischte keinen schlechten Tag, war aber auch weit davon entfernt, großen Einfluss zu haben.

Die EM im Sommer ist ihre große Chance, mit der Vergangenheit aufzuräumen. Nur lief die Saison durchwachsen. Mal Verletzungsprobleme, mal war sie schlicht in der zweiten Reihe beim FC Bayern. In den vergangenen Wochen drehte die 27-Jährige aber auf. Jeweils ein Tor in den Bundesliga-Topspielen gegen Wolfsburg, Leverkusen, Frankfurt und Freiburg, dazu ein Hattrick im DFB-Pokal-Finale. Und auch am letzten Spieltag gegen die SGS Essen traf Schüller doppelt.

Rechtzeitig in Form also? In jedem Fall ist sie eine der großen Hoffnungen für eine erfolgreiche Europameisterschaft.

Die Enttäuschung: Eintracht Frankfurt muss das richtige Maß an Unzufriedenheit finden

Doch einmal noch zurück zum letzten Spieltag der Bundesliga und damit zum einzigen Fernduell, das noch Bedeutung hatte. Während der VfL Wolfsburg sich darüber freuen darf, die Saison halbwegs gerettet zu haben, muss man in Frankfurt das richtige Maß an Unzufriedenheit finden.

Das bedeutet nicht, die Saison zu zerreißen und vor Enttäuschung den Blick auf die Dinge zu verlieren, die gut liefen. Frankfurt hat über weite Strecken dieser Saison einen deutlich leistungsstabileren Fußball gespielt als in den vergangenen Jahren, überzeugte vor allem auch gegen tiefstehende Gegner mehr als in den Vorjahren. Am Ende sind 50 Punkte immerhin das zweitbeste Bundesliga-Ergebnis seit der Übernahme des 1. FFC Frankfurt zur Saison 2020/21. Nur in der Spielzeit 2022/23 war man mit 54 Punkten besser.

Trotzdem muss man sich bei der SGE auch ärgern. Denn es war viel mehr drin. Dass die Bayern eine perfekte Rückrunde spielen und damit den Titel verdient gewonnen haben? Geschenkt. Auch wenn die Frankfurterinnen vor allem in der Hinrunde das beste Team in Deutschland waren, kann man durchaus anerkennen, dass der FCB am Ende einfach zu stark war.

Gerade die 1:6-Niederlage in Wolfsburg und das 2:3 in Freiburg kurz vor dem Ende müssen aber aufgearbeitet werden. Insgesamt war die Form rund um diese Spiele nicht gut genug. Ein kleiner Einbruch, der am Ende den Umweg über die Champions-League-Qualifikation bedeutet. In dieser Saison wäre mehr möglich gewesen.

Der Ausblick: Interessante Aufsteiger, spannenderer Meisterkampf?

So muss sich Frankfurt aber wieder darauf verlassen, dass sie den Kader ein weiteres Mal im Kern zusammenhalten und punktuell verstärken können. Mit Barbara Dunst (FC Bayern) und Stina Johannes (VfL Wolfsburg) verliert man zwei wichtige Spielerinnen. Allerdings stehen mit Sophia Winkler (SGS Essen) und Erëleta Memeti (TSG Hoffenheim) auch schon zwei spannenden Neuzugänge fest. Auch in der kommenden Saison könnte Frankfurts großes Ass im Ärmel sein, dass das Team in der Konstellation mit dem Trainerteam schon lange zusammenarbeitet.

Beim Meister aus München hingegen wird sich eine entscheidende Position verändern: Alexander Straus wechselt in die USA. Noch ist nicht offiziell, wer sein Nachfolger wird. Vieles deutet derzeit auf José Barcala von Servette Genf hin. Ein unbekannter Trainer, der im Profil sehr ähnlich zu Straus ist. Aber ihm muss es erstmal gelingen, dieses Niveau zu halten und das Team in entscheidenden Bereichen nochmal zu verbessern. Die Chance für die Konkurrenz?

Auch in Wolfsburg steht ein Umbruch an. Zehn Spielerinnen werden den VfL im Sommer verlassen, darunter mit Lynn Wilms, Sveindís Jónsdóttir, Kathrin Hendrich, Marina Hegering, Jule Brand und dem gesamten Torhüterinnenteam einige Stammspielerinnen. Vielversprechend sind die Verpflichtungen von Johannes, Cora Zicai (SC Freiburg) und der technisch starken und talentierten Offensivspielerin Sharn Freier (Brisbane Roar). Wolfsburg setzt vermehrt auf Spielerinnen, die den Sprung nach oben noch schaffen müssen, dafür aber viel mitbringen. Chance und Risiko zugleich.

Eine Chance für die Bundesliga ist zudem, dass mit Union Berlin, dem 1. FC Nürnberg und dem Hamburger SV drei Klubs aufsteigen, die große Ambitionen im Fußball der Frauen haben. Sie werden das Attraktivitätslevel der Liga anheben – atmosphärisch und, so ist zu hoffen, auch sportlich. Nach dem eher enttäuschenden Saisonabschluss in dieser Saison macht das etwas Hoffnung, dass es in der kommenden Saison womöglich etwas anders aussieht.