Während die anderen Teams der Frauen-Bundesliga seit zwei Wochen die spielfreie Zeit genießen, nimmt der FC Bayern an einem Turnier in Portugal teil: Am Ende gewinnt Bayern das neue "World Sevens Football"-Turnier und nimmt 2,5 Millionen Dollar mit nach Hause. Für die Klubs sehr rentabel – eine neue Konkurrenz für Fifa und Uefa?

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Victoria Kunzmann sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Außenverteidigerin Tuva Hansen wirbelt nach ihrem Tor mit ihrem Trikot über den Platz und schickt Küsschen durch die Luft an die Schiedsrichterin, Julia Zigiotti Olme probiert sich nach ihrem Treffer im Breakdance. Und Carolin Simon wirft beim Einlaufen eine virtuelle Bowlingkugel, woraufhin sich alle Spielerinnen zu Boden fallen lassen.

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Die FC Bayern Frauen hatten ihre wahre Freude beim "World Sevens Football"-Turnier in Estoril, Portugal. "Es macht so viel Spaß hier zu spielen, die anderen Spiele anzuschauen und dann zum nächsten Spiel wieder anzutreten", sagte Mittelfeldspielerin Linda Dallmann am Finaltag. "Das erinnert mich total an meine Kindheit." Hinter dem lukrativen Spaßturnier steckt eine fußballaffine Investorin. Warum macht sie das?

FC Bayern: Nicht alle spielen mit – aber alle sind dabei

Die deutschen Meisterinnen rauschten mit Bravour durch das Kleinfeld-Event: Sie gewannen die Gruppenspiele gegen Ajax Amsterdam (4:2), den FC Rosengard (4:0), Manchester City (3:1). Im Halbfinale überrollten sie Paris Saint-Germain 5:0. Dabei stehen ein paar der Leistungsträgerinnen nicht auf dem Feld: Lea Schüller, Sydney Lohmann, Klara Bühl, Giulia Gwinn etwa schonen sich, vor Ort sind sie trotzdem.

"World Sevens Football" zahlt alles. "Wir wollten es so sehr wie möglich genießen", sagte Sarah Zadrazil nach dem 2:1-Finalsieg gegen Manchester United. Dabei waren sich viele Spielerinnen lang nicht sicher, ob sie teilnehmen wollen, denn das Turnier findet direkt vor der nächsten Länderspielpause und kurz vor der EM statt.

Ungünstiger Zeitpunkt – aber wer kann bei so viel Preisgeld widerstehen?

Für Bayern-Kapitänin Glódís Viggósdóttir war die Frage schnell geklärt. Sie habe sich gedacht, trainieren müsse sie sowieso für die Nationalmannschaft, "warum dann nicht hier in diesem tollen Setting?" Tatsächlich genießen die Bayern-Spielerinnen den Ausflug zum Saisonabschluss. "Manchmal muss man aus dem professionellen Bereich den Druck ein bisschen rausnehmen und wieder ein bisschen Spaß haben", sagte Dallmann. Gespielt wird sieben gegen sieben auf Kleinfeld, Abseits gibt es nicht.

Für den Sieger des Dreitagesturniers gibt es 2,5 Millionen Dollar (etwa 2,2 Millionen Euro), insgesamt werden pro Turnier fünf Millionen Dollar ausgeschüttet. Zum Vergleich: Die frisch gekürten Champions-League-Siegerinnen des FC Arsenal erhalten rund 1,6 Millionen Euro. Während bei der Fifa-Klub-WM der Männer ab Mitte Juni in Summe eine Milliarde Dollar ausgeschüttet wird, ist im Frauenfußball ist ein Preisgeld, wie es "World Sevens Football" stellt, selten.

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Investorin Mackesy: Hundert Millionen Dollar für den Frauenfußball

Ein Hauptteil der Investition kommt von Jennifer Mackesy, früher selbst Fußballerin, heute Investorin beim Frauenfußballklub Gotham City FC aus der US-Profi-Liga NWSL und bei Chelsea Women. Man wolle "für immer" bestehen, mit dem Ziel, "dem Sport mehr Aufmerksamkeit verschaffen zu wollen", sagt Geschäftsführer Justin Fishkin im Gespräch mit unserer Redaktion. Man wolle sich nicht mit anderen Unterhaltungsformaten aus dem Männerfußball vergleichen, wie der Baller, Icons oder Kings League.

"Was wir ein wenig anders machen wollten, war, Profispielern in ihrer besten Zeit aus den bestehenden Vereinen die Möglichkeit zu geben, etwas anderes auszuprobieren", sagt Fishkin. Heißt: Die Stars sollen beim Turnier antreten – keine neu gegründeten Teams aus Amateuren und Influencern. Für Fifa und Uefa wolle man keine Konkurrenz sein, sagt Fishkin.

Am Ende wolle man ein junges Publikum dazu bringen, Frauenfußball zu verfolgen. Aber lohnt sich das? Für Michael Schaffrath, Professor für Medien und Kommunikation an der Technischen Universität München, dürfte das schwierig werden: "Der Return of Invest, der geleistet wurde durch die Finanziers, wird sich nicht sofort amortisieren", sagt er. "Anhand der Zuschauerresonanz, die bei den Übertragungen zu sehen ist, erscheint es mir problematisch, das Turnier in Portugal zu refinanzieren."

Das Problem mit den Superstars: Schere zwischen armen und reichen Klubs wird größer

Nicht nur die Nationaltrainer betrachten das "World Sevens Football"-Turnier mit Argwohn – Englands Trainerin Sarina Wiegman äußerte etwa bereits öffentlich Kritik am Zeitpunkt – auch die kleineren Frauenfußballvereine dürften besorgt sein. Auf die Frage, wie "W7F" die Mannschaft ausgewählt habe, antwortete Fishkin: "Um ehrlich zu sein, haben wir eine Reihe von Mannschaften eingeladen, und das waren die ersten, die zugesagt und an diese Idee geglaubt haben."

Am Turnier teilnehmen werden daher wohl auch in Zukunft eher namhafte Klubs mit bekannten Spielerinnen, die ein breites Publikum anziehen könnten. Das Problem bestehe laut Schaffrath darin, "dass die finanzielle Schere zwischen den bekannteren und reicheren Vereinen, wie dem FC Bayern München oder Wolfsburg, gegenüber den unbekannteren und ärmeren Klubs wie Essen, durch solche Turniere größer wird." Dadurch gäbe es in Zukunft eine größere Hierarchisierung im Frauenfußball – wie er im Männerfußball deutlich zu sehen ist.

Für viele Bayern-Spielerinnen geht es nach sonnigen Tagen in Portugal weiter zur Nationalmannschaft zu den letzten offiziellen Spielen vor der EM in der Schweiz. Dort gibt es übrigens rund fünf Millionen Euro für den Turniersieg.

Verwendete Quellen: