Mit seiner Forderung, den Umgang mit der AfD zu normalisieren, erntete Jens Spahn jüngst jede Menge Kritik. Bei "Markus Lanz" erklärte er, was hinter seinem Vorschlag steckt. Damit eckte er jedoch nicht nur bei dem ZDF-Moderator, sondern auch bei SPD-Politikerin Bärbel Bas an.
Seit Monaten wird bereits über den richtigen Umgang mit der AfD im Bundestag debattiert. Bei "Markus Lanz" erläuterte Jens Spahn, warum er die Partei nicht weiter ausgrenzen und damit den Wählerwillen ignorieren wolle. Eine Meinung, für die er ausgerechnet von AfD-Chef Tino Chrupalla gelobt wurde.
Das Thema der Runde
Nach dem Wahlsieg der Union betonte die AfD immer wieder, dass sie bereit für Gespräche mit der CDU ist.
Grund genug für
Die Gäste
- SPD-Politikerin
Bärbel Bas blickt mit Sorge auf den Status quo der deutschen Gesellschaft: "Viele Bürger haben das Gefühl: 'Für mich ändert sich nichts. Alles wird eher noch schlechter'." - CDU-Politiker Jens Spahn schließt eine Zusammenarbeit von Union und AfD aus: "Wir sind das letzte Bollwerk."

Das Wortgefecht
Bei "Markus Lanz" gab Jens Spahn offen zu, dass es ihn "Tag und Nacht" beschäftigt, wie die AfD wieder kleiner zu kriegen ist. "Wie wollen Sie das machen?", fragte der ZDF-Moderator.
Spahn antwortete deutlich: "Gut regieren" sei die Lösung und führte aus, was das bedeuten soll: "Illegale Migration weitestgehend beenden. Dem Land wieder Wachstum geben. Jobs sichern. Für innere Sicherheit sorgen." Spahn weiter: "Das Einzige, was hilft, ist tun. Umsetzen so, dass es im Alltag spürbar wird. Kriegen wir damit jeden zurück? Nein. Aber ich glaube schon, dass ein Großteil der AfD-Wähler (...) schon auch schaut: 'Macht sich jetzt was bemerkbar im Alltag? Kann ich wieder Vertrauen fassen in die beiden Volksparteien?'"
Lanz nickte zwar, machte jedoch auch darauf aufmerksam, dass Spahn die Forderung gestellt hat, die AfD im Parlament als Partei mit einzubeziehen. Als Bärbel Bas davor warnte, stellte der CDU-Politiker klar, dass er "auch ganz persönlich" bis heute Hass und Hetze erlebt, "teilweise schwulenfeindliche Sprüche, wenn ich da vorbeigehe an den Reihen der AfD-Abgeordneten. Also mir muss echt keiner erzählen, was für Typen in deren Reihen sitzen. Das weiß ich."
Spahn wetterte weiter, dass man das Vertrauen der Bevölkerung "durch gute Politik" zurückgewinnen muss während man der AfD "nicht immer die Chance geben" dürfe, "diese Opferrolle" einzunehmen. "Wir wollen keine Opferrolle, sondern eher eine Bringpflicht - nämlich eben, nach den Regeln zu spielen", so Spahn.
Bärbel Bas reagierte dennoch skeptisch und warnte davor, die AfD zu normalisieren, sie erlebe die Fraktion seit 2017 und diese habe sich radikalisiert: "Deshalb warne ich davor, sie in Funktionen zu nehmen, wo sie die Institution Deutscher Bundestag repräsentiert." Der Grund für ihre Sorge? "Weil sie werden diese Funktionen ja auch nicht so benutzen, wie wir es vielleicht kennen als Demokraten." Während Bas von einem "Sicherheitsrisiko" sprach, fragte Lanz: "Haben Sie die Bedenken nicht, Herr Spahn?"

Der CDU-Politiker konterte mit einem lautstarken "Doch!" und beschwerte sich gleichzeitig über die "Empörungs-Rituale" der deutschen Medien: Das Wort Normalisierung habe er nicht benutzt. Markus Lanz ließ dies nicht unkommentiert und erinnerte an die jüngste Aussage von
Lanz hielt jedoch dagegen und sagte: "Nicht meine Worte. Ich lese gerade ein Zitat von Tino Chrupalla." "Und der erzählt öfter Quatsch", konterte Spahn. Er ergänzte wütend, dass die CDU nach wie vor klar in der Frage der Zusammenarbeit mit der AfD sei, denn: "Wir sind das letzte Bollwerk!" Lanz stichelte unbeirrt weiter: "Die Vorlage für diesen Satz haben Sie ihm geliefert." Während Bas energisch nickte, wehrte sich Spahn erneut: "Ich habe überhaupt niemandem irgendein Angebot gemacht."
Die Offenbarung des Abends
Mit Blick auf die aktuelle Regierungsbildung wollte Markus Lanz am Mittwochabend von seinen Gästen wissen: "Wenn Sie beide Ministerin, Minister werden würden - wüssten Sie das jetzt heute Abend schon?" Bas konterte prompt: "Nein, also ich nicht!" Auch Spahn sagte zwar "Nein!", konnte sich aber ein vieldeutiges Schmunzeln nicht verkneifen. Grund genug für Lanz, zu sagen: "Sie wissen es! Ich habe es gerade gesehen." Der ZDF-Moderator lachte lauthals: "Jetzt haben es alle gesehen!"
In Richtung Bärbel Bas hakte er nach: "Was wird er für ein Minister?" Statt zu schweigen, offenbarte die ehemalige Bundestagspräsidentin: "Wirtschaft wahrscheinlich." Eine Aussage, die Spahn erneut zu verneinen versuchte, denn: "Friedrich Merz und Markus Söder werden das entscheiden. Es ist noch nicht entschieden. Und wenn es so weit ist, Herr Lanz, werden wir es alle drei merken." Auch auf die Frage, ob Spahn der neue CDU-Fraktionschef werden wird, antwortete der CDU-Politiker genervt: "Wir werden es alle drei merken, wenn es soweit ist."
Lanz ließ jedoch nicht locker und erklärte, dass Merz in Bezug auf die Ministerposten offenbar schlecht verhandelt hat. Eine Kritik, die Spahn nicht nachvollziehen konnte: Die Gesamtverteilung der Ministerien sei unterm Strich "gut gelungen", erklärte Spahn. "Finden Sie wirklich?", fragte der ZDF-Moderator überrascht. Spahn nickte energisch: "Ja klar!" Lanz hakte weiter nach: "Sieben Ministerien für die SPD finden Sie gut?"
Der CDU-Mann ließ sich davon nicht beirren und stellte klar, dass die Union die Kontrolle über die "innere und äußere Sicherheit" hat, das Thema "Forschung, Innovation, Bildung" sowie die "Wirtschaft" betreut. "Daraus werden wir jetzt eine gute Aufstellung machen", sagte Spahn. Er halte ohnehin wenig davon, jetzt darauf zu gehen, wer welches Ressort besetze. Wichtiger sei: "Diese große Koalition muss liefern, sonst gibt's in vier Jahren ein ganz böses Erwachen. Wir haben jetzt schon einen massiven Vertrauensverlust."
Der Erkenntnisgewinn
Nicht nur der Koalitionsvertrag, sondern auch die Verteilung der Ministerposten sorgt seit Wochen für Aufruhr. Bei "Markus Lanz" stellte Jens Spahn jedoch vehement klar: "Wir müssen gemeinsam und wollen auch gemeinsam gut regieren." Statt auf die vermeintlichen Reibereien und Unstimmigkeiten zwischen Union und SPD einzugehen, wetterte der Unions-Fraktionsvize weiter: "Dieses Land ist in Mehrheit eines, das eine andere Politik will als das, was die Ampel geliefert hat."
Spahn ergänzte in Bezug auf den Kampf gegen die AfD: "Diese linke Politik wurde abgewählt - offenkundig! Und jetzt werden wir eine Politik der Mitte (...) dagegensetzen und Vertrauen zurückgewinnen." © 1&1 Mail & Media/teleschau