Mit der Einstufung als gesichert rechtsextrem hat der Verfassungsschutz die Diskussion über ein Verbot der AfD neu entfacht. Dabei ist schon längst offensichtlich, wofür die Partei steht. Jan Böhmermann hat am Freitagabend nun mit dem "politischen Vorfeld" der AfD beschäftigt: rechten Youtubern.
Dass die vergangenen Tage ereignisreich waren, muss man jemandem wie
Nach einer gespielten Überraschung über die wenig überraschende Einstufung der AfD als gesichert rechtsextrem sucht sich Böhmermann ausgerechnet die Nachricht heraus, dass
"Rechtsextremismus ist jetzt Mainstream"
Aber da das Überfahren eines Hundes keine ganze Sendung trägt und auch nicht tragen sollte, kommt Böhmermann zum eigentlichen Thema der Ausgabe: "Ich begrüße heute ganz besonders herzlich alle, die das 'ZDF Magazin Royale' bei Youtube schauen", beginnt Böhmermann und fordert dann: "Aber nach diesem Video bitte ganz dringend wieder in die coole, neue ZDF-Mediathek rüber wechseln, sonst reißt euch der Algorithmus mit und ihr landet früher oder später zuverlässig bei irgendwelchen Youtube-Nazis. Rechtsextreme, die Content createn für andere Rechtsextreme und alle, die kaputt genug sind, es werden zu wollen."
Dazu präsentiert Böhmermann eine Meldung der "New York Times" vom Februar dieses Jahres: "Eine neue Gruppe von Influencern […] hat dazu beigetragen, dass es die Partei 'Alternative für Deutschland' in den Umfragen vor der Wahl auf den zweiten Platz geschafft hat." "Ohne ordentliche Internet-Sturmtruppen kannst du dir die Machtergreifung abschminken", fasst es Böhmermann zusammen und kommt, nicht zuletzt aufgrund des "Ausländer raus!"-Gegröles auf Sylt, zu dem Schluss "Rechtsextremismus ist jetzt Mainstream" und erklärt nun, warum.
Dazu reiht Böhmermann nach und nach die Protagonisten der Rechtsextremen in den Sozialen Netzwerken auf. Zum Beispiel einen Youtuber, der zuerst über Aktien sprach, sich dann aber auf rechte Inhalte konzentrierte. Offenbar nicht der einzige, wie man auf faz.net im November 2024 lesen konnte: "Auffallend viele […] Polit-Influencer haben mit einem Beratungskanal für Aktien, Steuern, Immobilien oder Edelmetalle angefangen und dann – ganz plötzlich – auf Politik umgeschwenkt." 686.000 Abonnenten würden nun auf diesem Youtube-Kanal mehrmals täglich mit "rechtsextremer Propaganda zugeballert", so Böhmermann.
Jan Böhmermann: "Die AfD ist ein Scheinriese"
Dazu gehört auch ein Video, in dem der Youtuber erklärt, wie wichtig das ständige Veröffentlichen von Umfragewerten für die AfD sei. Böhmermann entlarvt die Strategie dahinter: "Die AfD kann nicht zaubern. Wir erzählen uns nur immer und immer wieder, sie könne es. Aber warum? Die AfD ist ein Scheinriese. Sie wird groß durch die bloße Annahme ihrer Größe." Rechte Stimmungsmache bringe bei Youtube ordentlich Reichweite, so Böhmermann.
Eine andere rechte Youtuberin wählt hingegen folgende Strategie: In dem Video-Ausschnitt, den Böhmermann zeigt, erklärt die junge Frau, man solle ihr erst zuhören, danach könne man sie immer noch als Nazi bezeichnen. "Das ist ein sehr cleverer Tick: Nazi-Sachen erzählen, aber vorher sagen, als Disclaimer: Wenn ich jetzt Nazi-Sachen erzähle, gelte ich hinterher bestimmt wieder als Nazi. Und schon ist man kein Nazi mehr", entlarvt Böhmermann die Strategie dahinter.
Weiter geht es mit einem rechten Youtuber und Podcaster, der gerne anonym auftritt, trotzdem unter anderem wegen Volksverhetzung zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wurde, die er inzwischen angetreten ist, weil er gegen Bewährungsauflagen verstoßen hat. In seinem Podcast waren unter anderem schon Hans-Georg Maaßen und
Frauen neigen mehr zur Unterwerfung als Männer?
Zu guter Letzt präsentiert Böhmermann noch einen Youtuber, der in seinem Kanal zum Beispiel das Wahlverhalten von Bevölkerungsgruppen kommentiert, wonach die AfD bei jüngeren Frauen in Städten hinter den anderen Parteien, insbesondere hinter Grünen und der Linken liegt. Dazu sagt der Mann: "Ich verurteile das an der Stelle nicht. Ich verurteile nicht, dass Frauen auf natürliche Art und Weise mehr zur Unterwerfung tendieren als Männer. Das gilt natürlich auch für besonders feminine Männer."
Bislang agiert der Mann anonym, aber das ist nun Geschichte. Denn Böhermanns Team hat zusammen mit der "Zeit" die Identität des Mannes aufgedeckt. Demnach sei man sich sehr, sehr sicher: "Einer der wichtigsten rechtsextremen Internet-Propagandisten und AfD-Steigbügelhalter ist im wahren Leben ein 29-jähriger Metal-Gitarrist aus einem kleinen Örtchen in Nordrhein-Westfalen namens Mark Philipp. Er hat Abitur gemacht und danach, weil er einfach ein Faible dafür hat, Leuten was zu erzählen, Lehramt studiert. An einer Universität in einer kleinen Großstadt in Niedersachsen."
Der junge Mann habe sein Studium geschmissen und sei ab Sommer 2021 "als Rechtsextremist bei Youtube so richtig durchgestartet. Und sein privates Umfeld wusste bislang von gar nichts", so Böhmermann. Dementsprechend groß sei die Überraschung seines Umfelds nun gewesen, als man es kontaktiert habe. Aber Böhmermanns Ziel ist es nicht, die Identität sich hinter der Anonymität des Internets versteckender Rechtsextremer aufzudecken – zumindest nicht nur. Nein, Böhmermann hatte anderes im Sinn.
Youtube und Co.: Mitverantwortung am Niedergang der Demokratie
Zum einen will der Satiriker überhaupt darauf aufmerksam machen, dass und in welcher Weise Rechtsextreme ihre gefährlichen Inhalte auf Youtube und Co. verbreiten. Böhmermanns zweite Botschaft: Ja, diese Youtuber sind bestens vernetzt und sehen und bezeichnen sich selbst als "politisches Vorfeld" der AfD – und werden etwa vom Faschisten Björn Höcke auch so gesehen.
Böhmermanns dritte und lauteste Botschaft ist: Diese rechten Youtuber sind keine kleinen Spinner, nein, sie haben bis zu 600.000 Abonnenten und wahrscheinlich noch mehr Zuschauer. Mit anderen Worten: Dieses "politische Vorfeld" ist längst im Mainstream angekommen.
Deshalb fragt Böhmermann am Ende auch direkt bei denen, die den Rechtsextremen die Plattform geben: "Ey Youtube, ey Google! Warum ist denn so eine rechtsextreme Scheiße überhaupt bei euch zu sehen? Auch noch monetarisiert! Und ihr verdient Geld damit!" Die Tech-Riesen würden eine publizistische Mitverantwortung am Aufstieg der AfD tragen und am Niedergang der Demokratie. Verfassungsfeinden und Rechtsextremen eine Plattform zu bieten, zeuge von Fahrlässigkeit und Verantwortungslosigkeit.
Und genau deswegen, und das ist eine Botschaft, die man aus dieser Folge "ZDF Magazin Royale" ziehen kann, ist es umso wichtiger, endlich in die Offensive zu gehen. Den Aufstieg des Scheinriesen nicht als gegeben anzusehen oder scheinbar ohnmächtig daneben zu stehen. Und erst recht nicht, immer noch so zu tun, als würde man nicht wissen, wer die AfD ist und was sie will.