Johann Wadephul ist Deutschlands neuer Außenminister – und in seiner Art und Auftreten ein Gegenentwurf zu seiner Vorgängerin. Das muss nicht unbedingt schlecht sein.
Nach etwas mehr als einer Woche im Amt hat auch
Der 62-Jährige ist der erste Bundesaußenminister mit CDU-Parteibuch seit fast 60 Jahren. In Sachen Bekanntheit ist der Kontrast zu seiner Vorgängerin groß.
Wenn es um Johann Wadephul geht, fragen viele dagegen noch, wie die letzte Silbe seines Nachnamens ausgesprochen wird. Man sagt "ful", nicht "pul" oder "pful".
Wadephul hielt seine Ministerambitionen bedeckt – ein Vorteil
Als Wadephul am 6. Mai das Auswärtige Amt übernahm, begrüßte er seine neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit einem freundlich-schmucklosen "Moin". So sagt man das in seiner Heimat Schleswig-Holstein, wo er 1963 in Husum geboren wurde. Wadephul war vier Jahre Zeitsoldat bei der Bundeswehr, studierte danach Jura und spezialisierte sich als Anwalt auf Medizin- und Sozialrecht. In Schleswig-Holstein stand er 2000 bis 2002 an der Spitze des CDU-Landesverbands.
2009 wechselte er als Experte für Außen- und Sicherheitspolitik in den Bundestag. Dort machte er beständig, aber unauffällig Karriere – bis zum Posten des stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU-Fraktion. Es war wohl auch das Vertrauen des früheren Fraktionschefs und jetzigen Bundeskanzlers, das ihn zu seinem neuen Job brachte. Friedrich Merz lobte Wadephul bei der Vorstellung der CDU-Minister in den höchsten Tönen. Mit "Jo" habe er schon viele Reisen unternommen und die Außenpolitik der Unionsfraktion geformt.
Es hätte bekanntere CDU-Politiker für das Auswärtige Amt gegeben –
Inhaltliche Kontinuität, anderer Ton
Inhaltlich ist von Wadephul kein großer Bruch mit seiner Vorgängerin Baerbock zu erwarten. Auch er will die Ukraine entschieden unterstützen, auch er will Deutschland in der Welt selbstbewusst vertreten. Bei der Amtsübergabe in der vergangenen Woche zelebrierten Baerbock und Wadephul ihre Harmonie: Sie lobte seine farblich zu ihrem Kleid passende hellrosa Krawatte, er schenkte ihr eine Mutmacher-Figur für ihre neue Aufgabe bei der UNO. Sie wünschte dem "lieben Johann" nur das Beste für sein Amt, er sagte über den Einsatz der "lieben Annalena" in den vergangenen Jahren: "Das war spitze."

Trotzdem: Persönlich könnten die frühere Ministerin und der neue Minister kaum unterschiedlicher sein. Baerbock weiß sich zu inszenieren, kann forsch sein und belehrend rüberkommen. Wadephul dagegen macht nicht viel Aufhebens um seine Person. Mit Klarheit und Einfühlungsvermögen wolle er sein Amt ausführen und sich grundnüchtern an deutschen und europäischen Interessen orientieren, hat er im Bundestag gesagt. Wer will, kann da durchaus eine Abgrenzung zu Baerbock herauslesen.
Die internationale Lage ist aus Sicht von Wadephul "brandgefährlich". Das merkt man ihm nicht an. Er hat sein Amt zwar in einer aufgeheizten Weltlage übernommen, in der niemand so genau weiß, wer gerade wo mit wem über was spricht, weil es einfach zu viel zu besprechen, zu schlichten, zu verhandeln gibt. Doch Wadephul lässt sich davon offenbar nicht aus der Ruhe bringen. Er scheint auf die Weltlage manchmal zu schauen wie auf einen unter Wasser stehenden Keller in Husum: Schlimm, aber nichts, das sich nicht lösen lässt.
Kann er kämpfen?
Beim Nato-Außenministertreffen in der Türkei am vergangenen Donnerstag trifft Wadephul viele seiner Amtskollegen zum ersten Mal. Er sucht auch hier nicht den großen Auftritt, herzt nicht wie Baerbock ausgiebig die liebsten Ministerkollegen – ein freundlicher Klaps auf den Rücken muss reichen. Sich zurücknehmen zu können, kann auf dem diplomatischen Parkett ein Vorteil sein. Allerdings kann man zwischen den vielen großen Egos der Weltpolitik so auch ein bisschen untergehen.
Ohnehin fragen sich manche im politischen Berlin, wie machtbewusst Wadephul sein Amt ausfüllen wird. Der gute Draht zum Kanzler kann ihm nützen. Doch
Vielleicht hat Wadephul mit seinem Vorstoß bei den Verteidigungsausgaben ein erstes kleines Zeichen gesetzt. Ob sein Vorpreschen mit dem Kanzler abgesprochen war? Daran lässt sich zweifeln. Der Oberstleutnant der Reserve ist offenbar bereit, dafür auch innenpolitisch zu kämpfen. Im Bundestag hat er bei seiner ersten Rede als Minister gesagt: "Gegenwind formt den Charakter."